Polly Livshits (k)

Diplom Gestaltung
Prof. Klaus Hesse

Diplom Theorie
Prof. Dr. Hans Zitko

1. November 2019

Heute bedeutet es, dass es eine Hochzeit gab, wenn es Hochzeitsbilder gibt. Sieht man jedoch keine Bilder im weißen Kleid z.B. in Sozialen Medien oder irgendwo Zuhause aufgehängt, ist es, als hätte man nie geheiratet. Ich selbst bin seit sechs Jahren verheiratet. Eine Hochzeit konnte ich aber nicht feiern. Die Mutter meines Mannes ist am Tag der Eheschließung gestorben. Aus diesem Grund wurde die Hochzeit nicht gefeiert.

Für meine Diplomarbeit habe 176 Interviews mit verschiedenen Menschen geführt, die entweder verheiratet sind oder heiraten werden, sich gegen eine Ehe entschieden haben oder sogar sich selbst heiraten würden, um diese Geschichten illustrativ darzustellen und diese dadurch zur eigenen Geschichte zu machen. Dafür bin ich nach Marokko und Russland gereist und habe Interviews per Skype geführt. Meine Interviewpartner_innen stammen aus Amerika, Australien, Israel, Holland, Frankreich, Spanien, Italien und vielen anderen Ländern. Während der Interviews begab ich mich auf die Hochzeitsreise und habe die erzählten Hochzeiten miterlebt. Es war eine Reise in die Hochzeitfeier der Verwandten, der Fremden, der Freund_innen und der Bekannten. Herausgekommen ist ein Album mit 176 Hochzeitsgeschichten. Die Hochzeitsplanung kostete 176 Kaffees, Reisetickets, Telefonrechnungen sowie den Druck. Ich hatte 176 Gäste und wurde 176 Mal eingeladen. Ich habe Hochzeitsläden besucht, ein Hochzeitskleid 176 Mal anprobiert und 176 Mal ging etwas schief. Ich heirate mich selbst, ich werde geheiratet, ich bin schwul und lesbisch, jüdisch, muslimisch, orthodox, buddhistisch, atheistisch, glücklich, unglücklich, blauäugig, wahnsinnig, romantisch, verliebt, zur Heirat gezwungen, zu alt, zu jung – ich bin genau richtig.

Durch die Illustrationen wurden die erzählten Geschichten zu meiner eigenen Geschichte und somit zu meiner höchsten Zeit. So spielte die Erstellung dieses Albums – vom Interview bis zur Illustration – für mich eine therapOetische Rolle.