Snapchat Dysmorphia
Diplom Gestaltung
Prof. Eike König
10. Mai 2019
Das Diplomprojekt ist eine Animation über ein modernes Phänomen, das als Snapchat Dysmorphia bekannt ist. Es geht darum, wie die sozialen Medien die Individuen in der Realität auf bestimmte Weise beeinflussen. Die Schönheitsfilter von Social Media oder Face Editing-Applikationen verwischen allmählich die Grenzen zwischen der Realität und der virtuellen Welt. Diese perfekte Version von sich selbst erzeugt eine verzerrte Wahrnehmung des eigenen Selbst, so dass sogar Teenager plastische Operationen durchführen lassen.




Was motiviert Menschen zu Schönheitsoperationen?
Diplom Theorie
Prof. Dr. Hans Zitko
Diese Arbeit versucht, die Entwicklungsprozesse der plastisch-chirurgischen Industrie durch die gesammelten Daten und die Ergebnisse der Umfragen zusammenzufassen und zu analysieren. Ebenso werden die Gründe, die eine Entscheidung zur plastischen Chirurgie beeinflussen, analysiert.
Zu Beginn wird die Industrie der plastischen Chirurgie in China von der koreanischen Unterhaltungsindustrie beeinflusst. Nach der ökonomischen Krise Koreas in den 90er-Jahren, hat die koreanische Regierung der Unterhaltungsindustrie viel Unterstützung zukommen lassen und außerdem den Export kultureller Produkte, wie z.B. Fernsehprogramme, Musik und Filme gefördert. Dadurch ist eine ausgereifte, unterhaltungsindustrialisierte Star-Fabrik entstanden. Bisher ist die Popkultur immer noch sehr populär und hat großen Einfluss in China. Wegen der hervorragenden Leistung der koreanischen Popkultur und dem Idols-Effekt, ist der aktuelle koreanische Stil in China sehr beliebt. Immer mehr Chines_innen wollen wegen der Schönheitschirurgie eine Reise nach Südkorea machen, um dadurch so schön wie die Schauspieler_innen zu werden.
Im 21. Jahrhundert hat das Aufkommen des Informationszeitalters, die Entwicklung der Medien und die Beliebtheit sozialer Medien, die Art und Weise, wie wir die Welt sehen, verändert. Im Vergleich zur Vergangenheit nehmen wir die Welt indirekt, über die Medien wahr, und nicht mehr direkt. Die Weiterentwicklung der Smartphone- Kameratechnologie, in Verbindung mit der Entwicklung von Social Media und Filtern, hat die Realisierung der Online-Sozialisierung ermöglicht. Online-Sozialisierung ist heutzutage sehr verbreitet, besonders bei jungen Menschen, die im Informationszeitalter aufgewachsen sind. Die Online-Sozialisierung ist ein Teil des Lebens und untrennbar wichtig für Alle geworden. Social Media erfüllt den Wunsch der Menschen, sich zu zeigen und die Details ihres Lebens mit anderen zu teilen. Gleichzeitig hat die in den sozialen Medien beliebte Selfie-Kultur auch viele psychologische Probleme mit sich gebracht. Denn wenn man ständig von anderen Menschen des öffentlichen Raumes gesehen, bzw. beobachtet wird, entsteht durch die ständige Aufmerksamkeit – und eventueller Cybergewalt – ein großer Druck, dem man standhalten muss.
Die Deformierung der Menschen durch unterschiedliche Kameraobjektive und die übermäßig gefilterten Fotos, verursachen psychische Probleme, beziehungsweise eine digitale Dysmorphie. Seit dem Jahr 2016 ist das Einkommen des Influencer-Marktes in China stark angestiegen. Unter ihnen sind die potenziellen Geschäftsmöglichkeiten und Marktwerte unvorstellbar. Viele Unternehmen haben sich von der koreanischen Starindustrie inspirieren lassen und eine Inkubator-Basis und ein Unternehmen gegündet, um Internet-Influencer zu produzieren. Der Markt für plastische Chirurgie hat sich auch wegen der steigenden Popularität der Internet-Influencer ausgeweitet. Die Livestream-Applikationen mit Filtereffekten haben das Phänomen der digitalen Dysmorphie zusätzlich verschärft. Die dramatische Änderung vom Niemand zum Jemand zu werden hat den Jugendlichen gewissermaßen einen »Determinismus durch das Aussehen« aufgedrückt. Unter dem sozialen Druck, dem Druck des Studiums und der Arbeit, wollen immer mehr Jugendliche mit einem schönen Aussehen durch künstliche Eingriffe, ihre Konkurrenzfähigkeit verstärken.
Laut Statistik gibt es viel mehr weiblichen Kunden der plastischen Chirurgie, als männliche. Offensichtlich stehen Frauen, was das Aussehen betrifft, mehr unter Druck als Männer. Dieser Unterschied könnte auf die gesellschaftliche, geschlechtsdifferenzierte Definition zurückzuführen sein. Frauen haben in der chinesischen Gesellschaft weniger soziale Identität als Männer. Und die Industrie der plastischen Chirurgie benutzt das geringe Selbstwertgefühl der Frauen, um einen großen Markt zu schaffen.
Zum Glück gibt es in China dennoch immer mehr Frauenrechte: An der Oberfläche hat sich ihr sozialer Status erheblich verbessert, aber die Stereotypisierung von Frauen ist immer noch da. Aus den Stellenanzeigen mancher Unternehmen ist ersichtlich, dass es auf dem chinesischen Arbeitsmarkt nach wie vor ein Problem der Diskriminierung von Frauen gibt. Frauen werden von manchen Stellenanzeigen sogar gar nicht erst respektiert. Diese Anzeigen zeigen die Frau eher als ein potenzielles sexuelles Objekt, um männliche Angestellte anzuziehen.
Aus den gesammelten Statistiken wird deutlich, dass die Kund_innen von plastischer Chirurgie immer jünger werden. Aber es könnte auch mit der Popularisierung von Social Media in den jüngeren Generationen zu tun haben. Denn bei älteren Generationen ist eine Körpermodifikation nicht akzeptabel, weil man nach der Tradition seinen eignen Körper, der von seinen Eltern gegeben worden ist, nicht beschädigen sollte. Das verletzt die Gefühle der Eltern und ist respektlos ihnen gegenüber. Außer der Beeinflussung der sozialen Medien könnte dies auch ein Grund sein, warum der Markt der plastischen Chirurgie sich auf Jugendliche fokussiert hat.
Am Ende bleibt aber die sozial schwache Identität von Frauen ein ungelöstes Problem, das in der Geschichte seit langem existiert und welches nur durch eine Änderung der Art und Weise, wie Frauen sich selbst bewerten, geändert werden kann. Darüber hinaus ist der Hauptgrund für die schnelle Expansion des heutigen Marktes plastischer Chirurgie, die Entwicklung der sozialen Medien. Der Markt für Internet-Influencer hat ein enormes, wirtschaftliches Potenzial, und aufgrund seiner Popularität auch eine Nachwirkung, bzw. digitale Dysmorphie auslöst.
Diese virtuelle Welt wurde auf der Grundlage der Realität aufgebaut; sie bedient die Realität. Aber vielleicht wird sich das immer mehr umkehren. Dinge, wie die Filterung von Fotos, verwischen die Grenzen zwischen der realen Welt und der virtuellen Welt. Und die unechten Figuren der virtuellen Welt, werden am Ende vielleicht sogar das eigene Selbst, das in der realen Welt existiert, verschlingen.
cv
2009 bis 2013 Bachelor, Visuelle Kommunikation, Jiangnan Universität, China
2014 bis 2019 Diplom, Kommunikationsdesign, HfG Offenbach am Main
2016 Praktikum, Design Assistentin, Hesign Studio, Berlin
2015 Praktikum, Super Nature Design Studio, Shanghai
Freelancer, Illustratorin, <L’ Officiel> chinese version