Silke Daub (k)

Die Ästhetik des Lichts / Transluzente Bildwelten – Kachō Fūgetsu 花 鳥 風 月 (Beauties Of Nature)

Diplom Gestaltung
Prof. Eike König

10 May 2019

Nach dem deutschen Philosophen Gernot Böhme sind nicht die Dinge die man wahrnimmt, sondern das, was man empfindet, die Atmosphären zwischen den Dingen, das primäre Thema von Sinnlichkeit. Das ein Ding, nicht ausgehend seines Daseins wahrgenommen wird, sondern durch das erkennende Subjekt seine Zuschreibung erhält, sieht Böhme als eine falsche Auffassung in der Erfahrung der wahren Weise seines Daseins, als spürbare Präsenz.

Aufbauend auf meine theoretische Diplomarbeit, visualisiert meine gestalterische Diplomarbeit vier verschiedene Atmosphären, jene Zwischenphänome – die Ekstasen eines Dings (wie bspw. Farben und Gerüche) – dessen Wirkung wir nach Gernot Böhme fühlen können. Auch geht es um das sinnliche Erfahren eines Bildes, das aus sich selbst heraus wirken kann, indem es Raum lässt, in den sich der Betrachter mitinne denken und fühlen kann, sich also das Bild aus der individuellen Betrachtung heraus entwickeln kann. Das Dargestellte nimmt demnach nicht zu viel vorweg, erlaubt Raum für die eigene Interpretation. Es geht um eine Möglichkeit des Verweilens, in einer tiefen kontemplativen Aufmerksamkeit, in der Betrachtung eines Bildes, das über den ersten Blick hinaus, einen Zugang zum Dargestellten ermöglicht. Es geht um die Suche nach der Form, also das Erleben der reinen ästhetischen Erfahrung.

Es existieren Bezüge zur japanischen Ästhetik und Kultur sowie Zen-Buddhistische Ideen des Nichts und der Leere – die als Potenzial, als Fülle an Möglichkeiten verstanden wird –, in der sich die Dinge entwickeln oder entfalten können, in der das Dargestellte lebendig wird. Die Präsentation im Leuchtkasten lässt das Bild im wahrsten Sinne aus sich selbst heraus erscheinen. Der weiße halbdunkle Raum unterstützt seine sinnliche Wahrnehmbarkeit. Der Teppichboden wirkt entschleunigend. Das quadratische Bildformat konzentriert den Blick auf die Bildmitte – wie auch in der traditionellen fernöstlichen Bildkomposition, in der sich das Bild, aus seiner Mitte heraus, in der Imagination des Betrachters entwickelt. Seine wahre Erscheinung lässt sich nicht dokumentieren, man muss es vor Ort selbst erleben.

 

Visualisierung traditioneller japanischer Süßigkeiten (Wagashi)
4 digitale Illustrationen, Digitaldruck auf transluzenter Backlitfolie, Neon Leuchtkästen, je 100 x 100 cm

Die Ästhetik des Lichts/ Die Ästhetik von Licht und Schatten – Absence equals Presence

Diplom Theory
Prof. Dr. Juliane Rebentisch

Über das sinnlich Erfahrbare, zwischen Licht und Schatten, im Werk James Turrells

Ästhetische Wahrnehmung wird im Werk des Lichtkünstlers James Turrell wahrnehmbar gemacht, als ein fühlendes Sehen, das in einem selbstreflexiven Moment den Betrachter einfängt, sodass sich die eigene Wahrnehmung von der eigenen Realität zu lösen scheint. Der sinnlich-ästhetischen Wirkung und Darstellungsweise des Lichts respektive der Besonderheit des Halbdunkels, im Zwischenraum von Licht und Schatten, auch im Verständnis der japanischen Ästhetik des Abwesens – die Ästhetik des Schattens als die Abwesenheit des Lichts – sowie jener sinnlichen Wahrnehmung des Zwischen-Raums, dessen rätselhafte Offenheit und Bedeutung der Leere als Quelle unerschöpflicher, individueller Interpretation verstanden wird, wurde in James Turrells Werk bislang noch keine zusammenhängende Studie gewidmet. Bisher ist stets die Rede von einem Licht ohne Schatten, einer Abwesenheit des Schattens statt einer Abwesenheit von Licht, jene Präsenz im Abwesen, und damit jener Besonderheit des Halbdunkels, das doch allgegenwärtig ist in Turrells Werk, ihm seine sinnliche Qualität und dem Immateriellen des Lichts seine scheinbar greifsame Form verleiht. Ihm demnach eine grundlegende Bedeutung zugeschrieben werden kann und sollte. Denn schließlich betont James Turrell selbst, neben der Reduzierung des Lichts als wesentliche Voraussetzung, vor allem die emotionale Signifikanz im Erleben und Ergründen seiner Arbeit als eine ästhetische Erfahrung, anstatt die Betrachtung auf einer rein rationalen Ebene.

James Turrell selbst, versteht sich als Maler mit Licht. Laut Ulrike Gehring gilt sein Interesse

der optischen Entmaterialisierung des Tafelbildes, ohne jedoch von der Ästhetik der Malerei abzuweichen. Um ein näheres Verständnis des Erzeugens und Aufhebens sichtbarer Grenzen, mittels dem Einsatz von Licht und Schatten in Turrells Lichtinstallation zu erlangen, wird daher zu Beginn der Arbeit eine selektive Betrachtung sinnlicher Qualitäten der Darstellungs- und Wirkungsweise von Licht und Schatten, dem Phänomen des Schattens respektive dem Halbdunkel in der Malerei unternommen.

Besonders Studien der jüngsten Forschung, zu der Ästhetik von (Licht-)Atmosphären und die Lichtatmosphäre der Dämmerung nach Gernot Böhme sowie die Ästhetik des Halbdunkels und des Phänomens des Schattenphantasma nach den Theoretikerinnen Jennifer Bleek und Iris Brahms, liefern für diese Arbeit wesentliche Erkenntnisse.

Aspekte wie Subjekt-Objekt Beziehung, Kontemplative Distanz und ästhetisches Urteil sowie das Erleben der reinen ästhetischen Erfahrung, das unmittelbare Erleben eines Kunstwerks, seine ästhetische Autonomie und das Wesentliche (das Wesenhafte) der sinnlichen Wahrnehmung im Werk James Turrells, werden mit den Ausführungen des Philosophen Martin Seel, der Theoretikerin Susan Sontag und des Philosophen Gernot Böhmes verhandelt.

Ergänzend werden selektiv Bezüge etwa zu dem Philosphen George Didi-Huberman, den Designern Kenya Hara und Leonard Koren sowie den Philosophen Byung-Chul Han und Karl Löwith und dem Japanologen Peter Pörtner und den Kunsthistorikern Kurt Badt und Alexander Nagel hergestellt, die sich mit der fernöstlichen (insb. japanischen) und westlichen Ästhetik und Bildanalyse befassen. Nach den erlangten Erkenntnissen werden im Folgenden die unterschiedlichen Einsätze von Licht, die jene sinnliche Grenzerfahrung der Leere im Halbdunkel eröffnen, in einer wirkungsästhetischen Analyse anhand von Werkgruppen der Low Light Pieces von Turrell in Beziehung gebracht.

Vordiplom

cv

2011 Vordiplom | Hochschule für Gestaltung Offenbach | Fachbereich: Visuelle Kommunikation, Fachrichtung: Kunst
Thema: Sound und Bild, mit Auszeichnung bestanden | Betreut durch: Erstprüfer Prof. Heiner Blum, genehmigter Zweitprüfer Prof. Klaus Hesse 
In Zusammenarbeit mit: Institut für Didaktik der Chemie, Goethe-Universität, Frankfurt/M und Dekan Prof. Adam Bertl, Fachbereich Biologie, Technische Universität Darmstadt

2016 Diplomnebenfach | Hochschule für Gestaltung Offenbach | Fachbereich: Kunst | Fachrichtung: Kommunikationsdesign | Grafikdesign/ Illustration
Thema: Amorph | Prüfer: Prof. Eike König

2019 Diplom Abschluss, Hochschule für Gestaltung Offenbach | Fachbereich: Kunst |
 Gestalterische Arbeit: Fachrichtung Kommunikationsdesign | Schwerpunkt: Grafikdesign/ Illustration
Thema: Die Ästhetik des Lichts/ Transluzente Bildwelten | Betreut durch: Prof. Eike König
Theoretisch-wissenschaftliche Arbeit: Philosophie und Ästhetik |
Thema: Die Ästhetik des Lichts/ Die Ästhetik von Licht und Schatten |
Titel: Absence equals Presence – Die Präsenz im Abwesen. Über das sinnlich Erfahrbare, zwischen Licht und Schatten, im Werk James Turrells | Betreut durch: Prof. Dr. Juliane Rebentisch

2018 Theoretische Abhandlung, Silke Daub, Die Bedeutung der Farbe Weiß im Œvre Martin Margielas – In der Dekonstruktion der ‚Collections Femme‘ 1989–2009, 29,7 x 21 cm, 37 Seiten, Hochschule für Gestaltung Offenbach/M, Philosophie und Ästhetik, Prof. Dr. Juliane Rebentisch

2018 Theoretische Abhandlung, Silke Daub, Die Bedeutung der Farbe Weiß und ihre Wandelbarkeit – In der Europäischen Kleidermode des 15.–20. Jahrhunderts, 29,7 x 21 cm, 89 Seiten, Hochschule für Gestaltung Offenbach/M, Kunstgeschichte, Prof. Christian Janecke

2014 Creative Director & Founder von ÐåUB Studiõ — Bureau for Visual Affairs